Die schweren Unruhen im französischen Überseegebiet Neukaledonien dauern weiter an – mittlerweile bereits den dritten Tag in Folge.
Neukaledonien
Neukaledonien liegt abgelegen im Südpazifik - AFP/Archiv

In der Nacht zu Mittwoch seien mindestens 60 Polizisten bei den gewalttätigen Protesten von Unabhängigkeitsbefürwortern verletzt worden, 130 Menschen seien festgenommen worden, berichtete der öffentliche Sender 1ère Nouvelle-Calédonie. Laut Augenzeugen lag über der Hauptstadt Nouméa ein beissender Brandgeruch. Der Hauptflughafen La Tontouta, Schulen und öffentliche Dienstleister bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Aus Sorge vor Lebensmittelknappheit bildeten sich vor vielen Geschäften lange Schlangen.

Die Separatisten sind wütend über eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die Tausenden französischen Wählern in dem Inselstaat im Südpazifik das Wahlrecht und somit mehr politischen Einfluss einräumen würde. Nach dem Senat nahm in der Nacht zum Mittwoch auch die Nationalversammlung in Paris den umstrittenen Text an. Jetzt müsse noch der Congrès du Parlement zustimmen, der für besondere Anlässe im Schloss Versailles einberufen wird, berichtete der Sender France24. Ein Datum stehe aber noch nicht fest.

Der französische Präsident Emmanuel Macron lud die politischen Vertreter Neukaledoniens zu einem Treffen in Paris unter Führung von Premierminister Gabriel Attal ein. Die Gespräche sollen voraussichtlich Ende Mai stattfinden.

In Nouméa gingen zahlreiche Gebäude und Autos in Flammen auf. Wegen der starken Rauchentwicklung sei die Luftverschmutzung erheblich, teilte der Luftüberwachungsverband Scal'Air mit. In einigen Stadtteilen wurde wegen gefährlicher Feinstaubwerte die höchste Alarmstufe ausgegeben.

Ureinwohner hoffen auf eigenen Staat

Neukaledonien liegt rund 17'000 Kilometer von Frankreich entfernt, ist für Paris aber vor allem geopolitisch, militärisch und wegen der dortigen Nickelvorkommen von Bedeutung. Die Bewohner stimmten bei drei Volksabstimmungen 2018, 2020 und 2021 für einen Verbleib bei Frankreich. Die Unabhängigkeitsbewegung boykottierte aber das letzte Votum und kündigte an, das Ergebnis nicht zu akzeptieren. Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Ureinwohner – hofft schon lange auf einen eigenen Staat. Paris hofft derweil, in den kommenden Wochen ein neues Abkommen zu schliessen.

Das Territorium mit etwa 270'000 Einwohnern hatte bereits durch das Abkommen von Nouméa 1998 weitgehende Autonomie erlangt. Im Rahmen der Dekolonialisierung Neukaledoniens wurde vereinbart, bis zu drei Abstimmungen über die Unabhängigkeit abzuhalten. Seit dem letzten Votum sind die Fronten aber verhärtet.

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